Sakrament heilenden ErbarmensAls mir während des Studiums eine Freundin erzählte, sie sei zur Krankensalbung gegangen, war ich überrascht. Sie war älter als ich, aber nicht gebrechlich oder todkrank. Die nachkonziliare Feier der Krankensalbung dürfte damals gut zehn Jahre in Gebrauch gewesen sein. Der Ablösungsprozess von der jahrhundertealten Praxis einer Letzten Ölung vor dem Sterben hatte begonnen. Meine Freundin ging diesen vom Zweiten Vatikanischen Konzil begonnenen Weg mit, indem sie als junge, nicht todkranke, aber doch von schwererer Krankheit bedrohte Frau den Zuspruch und die Nähe Christi im Sakrament der Krankensalbung suchte und sicher auch fand. Christus als Arzt?Immer wieder hören wir in den Evangelien, dass die Kranken sich an Christus wenden, oder Freunde und Verwandte ihre kranken Angehörigen zu ihm bringen. Von ihm erwarten sie Heilung. Doch es geht nicht allein um die medizinisch-therapeutische Beziehung, denn Jesus spricht sie auf einer anderen Ebene an: „Dein Glaube hat dir geholfen." Es ist der Glaube an ihn als Person und an die in seiner Person neu zugesagte Nähe Gottes zu seinem Volk. So spektakulär seine Heilungen körperlicher Gebrechen waren, die Mitte ist doch der Glaube an die versöhnende und tröstende Nähe Gottes, die Jesus schenkt: „Er ist der Arzt, den die Kranken nötig haben." (Katechismus der Katholischen Kirche Nr. 1502) Menschliches Elend wird nachhaltig gelindert oder ganz gelöst durch seine Zuwendung. Sakrament heilenden ErbarmensJesus hat den Jüngern die Weitergabe der Reich Gottes-Botschaft und damit auch die Sorge um die Kranken anvertraut (vgl. Matthäus 10,8). Bereits in der urchristlichen Gemeinde des Jakobusbriefs ist es Praxis, die Presbyter zu den Kranken zu rufen (vgl. Jakobus 5,14f). Sie sprechen dann ein Gebet über den Kranken und salben ihn mit Öl. Tun sie dies, so sagt der Jakobusbiref, dann wird Christus selber den Kranken aufrichten und ihm, wie schon den Kranken in den Berichten der Evangelien, seine Sünden vergeben. Im Handeln der Presbyter ist also Christus gegenwärtig. Er setzt durch die salbenden Hände der Presbyter fort, was er vorher leibhaftig-real den Kranken schenken konnte: Er neigt sich heute, in dieser Feier zärtlich über den Kranken wie im Gleichnis der barmherzige Samariter über den verwundeten Mann. Öl der HeilungIm Jakobusbrief wie im Gleichnis vom barmherzigen Samariter ist vom Öl die Rede. Olivenöl wurde bereits in der Antike zu Heilszwecken verwendet. Es ist also kein Wunder, dass im Gleichnis und in der Praxis der frühen Christen das Olivenöl vorkommt. Olivenöl bleibt für Jahrhunderte die Basis für die drei heiligen Öle: das Katechumenenöl, das Krankenöl und den Chrisam. Die Öle für die Sakramente waren etwas besonders, sie wurden daher eigens vom Bischof gesegnet. Zwei dieser Öle, Katechumenenöl und Chrisam, wurden für die Taufe benötigt und die fand damals vor allem in der Osternacht statt. Weil man sie Ostern brauchte, wurde sie am Donnerstag vor Ostern gesegnet. Bis heute werden am Hohen Donnerstag oder an einem der Tage vorher in der Kathedrale eines Bistums die Heiligen Öle in einer besonders feierlichen Liturgie vom Bischof und den mit ihm feiernden Priestern des Bistums gesegnet. Diese Messe ist nach einem der Öle benannt: Sie heisst Chrisam-Messe. Das Gebet zur Weihe des Krankenöls zeigt sehr schön, wie das Sakrament der Krankensalbung verstanden werden soll: Das Öl ist heute nicht mehr notwendig Olivenöl, aber es muss echtes und reines Öl sein: gute Gabe der Schöpfung. Das Gebet wird über ein grosses Gefäss mit Öl gesprochen und nicht über die kleine Dose mit dem heiligen Öl, die der Priester bei der Krankensalbung in der Hand hält. Nach der Chrisam-Messe werden die drei Öle nämlich verteilt und in den kleineren Gefässen in die Pfarreien mitgenommen. Alle Kranken, die damit gesalbt werden, sind also durch das Zeichen des Öls gewissermassen miteinander einander verbunden. In der Weihe der Öle vor Ostern kommt ausserdem der österliche Sinn der Sakramente zum Ausdruck: Sie verleihen Anteil an Christus, der lebt und nicht mehr sterben wird. Was immer im Verlauf der Krankheit noch passieren wird, diesen Anteil am Leben kann keine Krankheit auslöschen. (Kirchenblatt Solothurn 7/2007) Gunda Brüske
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Geistlicher ImpulsJesus macht sich die Sache Gottes zu eigen er tut, was der Vater tut: „Was jener tut, das tut in gleicher Weise der Sohn" (Joh 5,19; vgl. 10,37f). Und deshalb kann das, was im 147. Psalm von Jahwe bekannt wird, ebensogut von Jesus gesagt werden: Der Herr (Jahweh = ho kyrios) „heilt die gebrochenen Herzen und verbindet die schmerzenden Wunden" (V.3). Er ist jener Gott, der zu Israel und zu uns sagt: „Ich bin der Herr, dein Arzt" (Ex 15,26). Er ist der Gott, „der dir all deine Schuld vergibt und alle Gebrechen dir heilt; der dein Leben vor dem Untergang rettet und dich mit Huld und Erbarmen krönt; der dich dein Leben lang mit seinen Gaben sättigt; wie dem Adler wird dir die Jugend erneuert" (Ps 103,3ff). Dementsprechend wendet sich der kranke Israelit und Christ vertrauensvoll an ihn: „Sei mir gnädig, Herr, ich sieche dahin, heile mich, Herr, denn meine Glieder zerfallen!" (Ps 6,3). Und wird er geheilt, so hat er ihm zu danken: „Herr, mein Gott, ich habe zu dir geschrien, und du hast mich geheilt. Herr, du hast mich herausgeholt aus dem Reich des Todes (der Kranke befindet sich bereits im Machtbereich des Todes!), aus der Schar der Todgeweihten mich zum Leben gerufen" (Ps 30,3f). In dieser heilenden Huld zeigt sich ein Wesenszug Jahwes und Jesus': heilschaffend dazusein für die Armen und Elenden, Kleinen und Geringen: „Der Herr hilft den Gebeugten (den anawîm = den Erniedrigten und Gedemütigten) auf und erniedrigt die Frevler (bis zum Boden)" (Ps 147,6;vgl. u.a. Ps 146,7ff)."Notker Füglister OSB (gestorben 1996), aus einer Auslegung zu Ps 147 |