[Ein Wort zum] SonntagAusschlafen, gemütlich frühstücken, ein Spaziergang, Freunde oder Familie sehen. So oder ähnlich sieht für viele der Sonntag aus. Doch am Anfang des Sonntags steht nicht die Musse. Vom „ersten Tag" zum letzten TagDer abendländisch-christliche Sonntag hat eine lange Geschichte; schon die Einteilung der Zeit nach einem Siebentage-Zyklus mit einem besonders hervorgehobenen Tag geht auf vorderorientalische Wurzeln lange vor Entstehung des Christentums zurück. Den Sonntag als diesen hervorgehobenen Tag zu feiern, ist eine ur-christliche Einrichtung. Seine Entstehung und heutige Gestalt als arbeitsfreier Ruhetag ist geprägt von vielen verschiedenen kulturellen und religiösen Einflüssen. Sonntag und Sabbat: Gedächtnis der (Neu-)Schöpfung und Tag der ArbeitsruheSchon der jüdische Sabbat, der im Zeichen der vollkommenen Arbeitsruhe steht, so wie auch Gott am siebten Schöpfungstag ruhte (Gen 2,1–3), kennt verschiedene Begründungen. Der Sabbat ist der von Gott gesegnete Tag, an dem der Mensch seine alltäglichen Aktivitäten unterbricht, um lobend und in Dankbarkeit mit Gott in besonderer Weise in Beziehung zu treten und sich seiner heilvollen Taten zu erinnern. Im Gedenken an die Vollendung der Schöpfung am siebten Tag wird der Sabbat zum Zeichen eschatologischer Hoffnung und messianischer Erwartung. Wiederentdeckung des SonntagsIm Laufe des Zeit ist der Vorrang des Sonntags als zentraler christlicher Feiertag verloren gegangen, seine Inhalte und seine Bedeutung als christlicher Ur-Feiertag wurden immer stärker überlagert. Heiligenfeste und Motivfeste wie auch verschiedenste volkstümliche Traditionen nahmen einen immer größeren Platz in der Liturgie ein, so dass schliesslich der Sonntag als Kern des Kirchenjahres nicht mehr erfahrbar war. Das Zweite Vatikanische Konzil hat diese Fehlentwicklung zu korrigieren versucht und die Bedeutung des Sonntags, vor allem der Feier des Pascha-Mysteriums, als unverzichtbar für das Leben der Kirche deutlich herausgestellt (Liturgiekonstitution Nr. 106). Bei der nachkonziliaren Erneuerung der Liturgie wurde diesem Anliegen Rechnung getragen, indem verschiedene Elemente eingeführt wurden, die den besonderen Charakter und die besondere Stellung des Sonntags hervorheben (z.B. die Einführung der Sonntagspräfationen, siehe dazu weiter unten). Am Sonntag in die Kirche?Der Sonntag ist seit der frühen Kirche der Tag der Gemeindeversammlung und ist dadurch zum unterscheidenden Zeichen der Christen geworden. Die Kirche hat den Sonntag als Zentrum für die Spiritualität und das Leben der Gläubigen wiederentdeckt, und auch heute ist der christliche Sonntag geprägt durch das Element der gemeinsamen Feier, deren Kernstück die Eucharistie ist. Dennoch gehen immer weniger Christen sonntags in die Kirche, ähnelt manch eine Sonntagsmesse immer mehr dem beklemmend sterilen Bild des menschenleeren Abendmahlssaales von Ben Willikens: durch gesellschaftliche Veränderungen ist der Sonntag vom hervorgehobenen Feiertag zum Teil des Wochenendes geworden, das vor allem durch individuelle Entspannung und zahlreiche Freizeitaktivitäten geprägt ist und dessen christliches Profil in der gesellschaftlichen Wahrnehmung immer stärker verwischt. Doch der Mensch bedarf der Unterbrechung des Alltags und der besonderen Zeit des Feierns sowie des mitmenschlichen Zusammenseins. Gerade der Sonntag und das Feiern des Gottesdienstes bietet die Chance zu Gemeinschaft und kann den Menschen frei machen für die anderen Dimensionen des Lebens als jene der täglichen Arbeitswelt. Sonntag: Tag der Gemeinschaft, HerrentagDie Feier des Sonntags als Auferstehungstag ist nicht nur das Gedenken an ein vergangenes Ereignis; in der Feier ist der auferstandene Christus inmitten seiner Kirche gegenwärtig. In der sonntäglichen Feier wird so die Gemeinschaft der Getauften erfahrbar, konstituiert sich Kirche. Kernstück dabei ist die Eucharistie, in der die feiernde Gemeinde Jesu Auftrag erfüllt, den er seinen Jüngern beim Abschiedsmahl (LK 11,14–23) erteilt hat: „Tut dies zu meinem Gedächtnis". Der Sonntag wird wegen dieser untrennbaren Verknüpfung mit der Eucharistiefeier, dem „Herrenmahl", auch als Herrentag bezeichnet, wie z.B. in der Bezeichnung des Sonntags in romanischen Sprachen heute noch deutlich wird (frz. dimanche, it. domenica, span. domingo). Der Herrentag gilt als Urfeiertag der Christen; deshalb können nur sehr wenige Feste (Hochfeste, Herrenfeste) die Feier des Sonntags verdrängen. Der Sonntag – ein FesttagIm Vergleich zu einem Werktagsgottesdienst zeichnet sich die sonntägliche Eucharistiefeier durch verschiedene spezifische Charakteristika aus: das Taufgedächtnis zu Beginn des Gottesdienstes;
Diese besonderen Elemente geben dem Sonntag eine eigene, festlichere Prägung und betonen seine hervorgehobene Stellung gegenüber den Wochentagen. Diesen festlichen Charakter des Sonntags zu pflegen und sich genügend Zeit zu nehmen für seine besonderen Elemente (wie z.B. die drei Lesungen und die anschliessende Homilie) ist eine bleibende Aufgabe. Sonntag = Messe ?!Beim Stichwort Gottesdienst denken viele Christen zuerst an die (sonntägliche) Messe. Doch Messe oder Wortgottesfeier sind nicht die einzigen Gottesdienstformen des Sonntags; auch die gemeinschaftliche Feier der Tagzeitenliturgie, insbesondere von Laudes und Vesper, Feiern mit Kindern, sowie Andachten haben gerade am Sonntag ihren Platz. Ebenso sollte der Sonntag der bevorzugte Tag für die Feier der meisten Sakramente sein: Besonders die Taufe, die in die Gemeinschaft der Kirche eingliedert und am Ostergeheimnis Anteil haben lässt, hat ihren richtigen Platz innerhalb der gemeinschaftlichen, sonntäglichen Feier dieses Geheimnisses. Das 2. Vatikanische Konzil hat den Sonntag wiederentdeckt. Seine Desiderate zur gottesdienstlichen Vielfalt, insbesondere der Wiederbelebung der Feier Tagzeitenliturgie in den Gemeinden, müssen erst noch eingelöst werden. Denn der Sonntag als Tag des Herrn und als Tag des Menschen wird dann richtig gelebt, wenn er als ganzer geprägt ist von Lob und Dankbarkeit gegenüber Gottes heilvollen und befreienden Taten. Andrea Krogmann |
Praxis-TippDer Sonntag und die Taufe Das Taufgedächtnis erinnert uns in besonderer Weise an die Bedeutung unserer Taufe. Denn durch die Taufe sterben wir mit Christus und erstehen mit ihm wieder auf; wir erhalten so Anteil am Pascha-Mysterium, das wir jeden Sonntag aktualisierend feiern. Neben der Osternacht ist daher auch der Sonntag der bevorzugte Tauftermin. Wider-WorteZu wenig Brot am Tisch des Wortes? Von grösster Bedeutung für den Gottesdienst ist die Heilige Schrift, aus der Lesungen vorgetragen, in der Homilie ausgedeutet und Psalmen gesungen werden. Denn Christus selbst ist es, der spricht, wenn die heiligen Schriften in der Kirche gelesen werden, er ist gegenwärtig in seinem Wort (vgl. SC 7.24). Ein Desiderat des 2. Vatikanischen Konzils war es, dass der Tisch des Gotteswortes den Gläubigen reicher bereitet werde. Durch die neue Leseordnung, die für die Sonntagsmesse drei Lesungen vorsieht, soll innerhalb einer bestimmten Anzahl von Jahren die wichtigsten Teile der Heiligen Schrift gelesen werden (vgl. SC 51). Eine besondere Bedeutung wird auch der Auslegung der Schrift in der Homilie zugesprochen, die aus diesem Grund an Sonn- und Feiertagen nur aus schwerwiegenden Gründen wegfallen darf (vgl. SC 52). Umso bedauerlicher ist es, dass aus pastoralen Gründen oftmals nur zwei Lesungen vorgetragen werden und der Antwortpsalm häufig ganz entfällt. Denn die ausgeweiteten Lesungen und ihre Auslegung in der Homilie sollen die Gläubigen stärken und durch eine grössere Vertrautheit mit dem Wort Gottes ihren Glauben vertiefen. Andrea Krogmann Geistlicher ImpulsJoasch: Das Sabbatmeer? Silja Walter, Facts"Aus apostolischer Überlieferung, die ihren Ursprung auf den Auferstehungstag Christi zurückführt, feiert die Kirche Christi das Pascha-Mysterium jeweils am achten Tage, der deshalb mit Recht Tag des Herrn oder Herrentag genannt wird. An diesem Tag müssen die Christgläubigen zusammenkommen, um das Wort Gottes zu hören, an der Eucharistiefeier teilzunehmen und so des Leidens, der Auferstehung und der Herrlichkeit des Herrn Jesus zu gedenken und Gott dankzusagen, der sie "wiedergeboren hat zu lebendiger Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten" (1 Petr 1,3). Deshalb ist der Herrentag der Ur-Feiertag, den man der Frömmigkeit der Gläubigen eindringlich vor Augen stellen soll, auf daß er auch ein Tag der Freude und der Musse werde. Andere Feiern sollen ihm nicht vorgezogen werden, wenn sie nicht wirklich von höchster Bedeutung sind; denn der Herrentag ist Fundament und Kern des ganzen liturgischen Jahres." Sacrosanctum Concilium Nr. 106 (1963) Lesetipp
Links |