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Hintergrund

Kirche sein im Feiern und Verstehen

Hintergrund

Kirche sein im Feiern und Verstehen

Sakramentar Metz thumbMesse

Wort und Antwort, Gabe und Aufgabe

Heute ist morgen schon gestern. In der Messe aber erfahren wir Gleichzeitigkeit - den offenen Himmel über uns, offen hinein in die zeitenlose Ewigkeit.

Gott sammelt sein Volk

„Bis ans Ende der Zeiten versammelst du dir ein Volk, damit deinem Namen das reine Opfer dargebracht werde vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang. Darum kommen wir vor dein Angesicht und feiern in Gemeinschaft mit der ganzen Kirche den ersten Tag der Woche als den Tag, an dem Christus von den Toten auferstanden ist." In diesem Ausschnitt aus dem dritten Eucharistischen Hochgebet der Sonntagsmesse kommt vieles zum Ausdruck, was für das Verständnis der Messe zentral ist. Gott selbst sammelt sein Volk, er will, dass wir eins seien. Diese Einheit wird bewirkt durch das Liebesopfer Christi, seines Sohnes, den er von den Toten auferweckt hat am dritten Tag, nämlich am ersten Tag der jüdischen Zählung nach dem Schöpfungsbericht (Gen 1), der somit zum Tag der Neuschöpfung wird. Damit sind auch Anlass und Thema einer jeden Messfeier umschrieben: Ostern. Jeden Sonntag feiert die Kirche das Oster- oder Pascha-Mysterium der Auferstehung Christi. Der Sonntag ist somit das Wochenosterfest, zu dem sich die auf Christus Getauften einer Teilkirche zum Hören des Wortes und Brechen des Brotes versammeln. Sie tun dies im Bewusstsein der ‚katholischen', Ort und Zeit überschreitenden, Glaubensgemeinschaft aller zu Christus Gehörenden.

Geladen zum Tisch des Wortes und zum Tisch des Herrenleibes

Ausgangspunkt des Verständnisses der Messe ist das Abschiedsmahl Jesu mit seinen Jüngern. Dessen umdeutende Worte über Brot und Wein und seine Anweisung „tut dies zu meinem Gedächtnis" sind und bleiben Kern der nachösterlichen Versammlungen der Anhänger Jesu. Aber im Lichte der Auferstehung Christi, seiner Entrückung und der darauf folgenden Geistsendung erschliesst sich den Freunden Jesu das gestiftete Zeichen im Abendmahlssaal in seiner wirklichen Bedeutung. Dieses „Zusammenkommen" zum „Herrenmahl" war zuerst noch mit einem Sättigungsmahl verbunden. Genau hierbei zeigten sich aber mehr und mehr die asozialen Schwächen der Gemeinde, was in eklatantem Widerspruch zur Stiftung Christi stand, Zeichen der Einheit zu sein (vgl. 1 Kor 11,17-34). Dies mag der Hauptgrund dafür gewesen sein, dass das Gedächtnismahl die Gestalt einer Eucharistie, einem grossen Danksagungsgebet über Brot und Wein und also eine Ritualgestalt annahm. Ab Mitte 2. Jahrhundert finden wir durchgängig die Grundgestalt der Feier vor, wie sie bis heute verbindlich ist: eine aufeinander verwiesene Einheit von zwei Hauptteilen: Wortgottesdienst und Eucharistiefeier. Sie hielten fest „an der Lehre der Apostel" und „an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten" (Apg 2,42). Beide, der Tisch des Wortes und der Tisch des Herrenleibes, laden ein zur Communio mit Gott durch den lebendigen auferstandenen Christus im Heiligen Geist.

Der Herr sei mit euch: Gegenwart Christi in der Versammlung der Gläubigen

Nach dem Einzug der liturgischen Dienste eröffnet der Vorsteher die Messfeier mit dem Kreuzzeichen und spricht der versammelten Gemeinde die Gegenwart Christi zu. Der Gruss „der Herr sei mit euch" rückt die ganze Feier von Beginn an in den Raum der Communio Gottes mit den Menschen. Am dichtesten kommt die durch das Pascha-Mysterium wieder hergestellte Beziehung zwischen Gott und den Menschen zum Ausdruck, wann und wo immer sich die Gläubigen versammeln zu eben diesem Gedenken. Denn wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind, ist er mitten unter ihnen (vgl. Mt 18,20). Oder wisst ihr etwa nicht, „dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?" (1Kor 3,16f) Dieses „auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, der heilige Stamm, das Eigentumsvolk" (1 Petr 2,9) ist somit aber „kraft der Taufe auch berechtigt und verpflichtet", zu der vollen, bewussten und tätigen Teilnahme an den liturgischen Feiern geführt" zu werden. Diese zentrale Aussage der Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen Konzils (Nr. 14) hat einen in der katholischen Liturgie lange Zeit verkümmerten Aspekt rehabilitiert. Wie selbstverständlich Ansätze davon bereits umgesetzt sind, zeigt sich etwa in den dialogischen Passagen der Messe, im liturgischen Gesang oder in den Gebärden und Haltungen der ganzen liturgischen Versammlung. Die aktive Teilnahme aller äussert sich auch in einer differenzierten Rollenverteilung, welche in der Messe unter der Leitung des Bischofs am besten zum Ausdruck kommt: Die Teilkirche – das ganze Volk Gottes, die Ordensleute, die Diakone, das Presbyterium, alle, die zu einem Dienst in der Kirche bestellt sind – feiert geeint unter ihrem Hirten das Sakrament der Einheit als Gemeinschaft in Ausdifferenzierung der verschiedenen Charismen und Dienste. Schön zeichenhaft bestätigt wird die Würde des allgemeinen Priestertums in der Messe dort, wo zu Beginn der Feier (oder später bei der Gabenbereitung) alle Gläubigen mit Weihrauch inzensiert werden. Das alles täuscht aber niemanden darüber hinweg, dass alle zur Messe Versammelten Sünder sind und ständig der Umkehr und der Vergebung bedürfen. Das Schuldbekenntnis bringt dies ins Wort. Anschliessend darf der Kyrios, der Herr, der allein Schuld erlassen kann, als gegenwärtiger Erbarmer begrüsst werden. Dieser Akklamations-Gesang des Kyrie wird (ausser im Advent und während der Fastenzeit) mit dem sich anschliessenden alten Lobhymnus, dem Gloria in gewisser Weise erweitert und intensiviert.

Der Herr sei mit euch: Gegenwart Christi in seinem Wort

Der ganze erste Hauptteil der Messe ist der Verkündigung des Wortes Gottes gewidmet. Die Leseordnung ist in der ganzen katholischen Kirche verbindlich und folgt am Sonntag einem Dreijahreszyklus. Gott spricht zu uns Menschen in seinem Wort, es ist lebendig und wirksam: „Denn wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, wie er dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen, so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe" (Jes 55,10f). Es ist also ein echtes Kommunikationsgeschehen, ein fruchtbarer Dialog zwischen Gott und Mensch. In der Messe wird dies dadurch zum Ausdruck gebracht, dass auf das Wort Gottes die Antwort des Menschen folgt. Jede biblische Lesung endet deshalb mit einem kurzen Dialog (Wort des lebendigen Gottes – Dank sei Gott). Auf die alttestamentliche Lesung antwortet die Gemeinde mit einem Psalm. Der neutestamentlichen Lesung folgt die gesungene Akklamation des Evangeliums (das Halleluja, ausser in der Fastenzeit), zu der sich alle erheben. Die Verkündigung des Evangeliums wird besonders hervorgehoben: Christus selbst ist wirksam gegenwärtig vor allem im Wort der Frohen Botschaft. Die Aktualität der biblischen Botschaft auszufalten oder auf einen Fest- oder Feiergehalt näher einzugehen ist Sinn und Aufgabe der Homilie (Predigt).

Bekennen, bitten und opfern

Die tätige Teilnahme aller am gottesdienstlichen Geschehen äussert sich während der Messe auf verschiedene Weise. Im Credo legt die ganze Gemeinde Zeugnis ab vom christlichen Glauben. In diesem gestärkt, ‚sendet' die Kirche ‚Gebete empor' (Justin der Martyrer). Waren alle bereits beim Tagesgebet aufgefordert, im Stillen zu beten, so ist nun im Allgemeinen Gebet, den Fürbitten, Gelegenheit, die konkreten und aktuellen Bitten für Kirche und Welt zum Ausdruck zu bringen. Die anschliessende Gabenbereitung lädt alle dazu ein, gleichzeitig mit dem Bereiten von Brot und Wein „sich selber als lebendiges und heiliges Opfer darzubringen, das Gott gefällt" (Röm 12,1) und so auf das Liebesopfer Christi dankend zu antworten.

Der Herr sei mit euch: Gegenwart Christi im eucharistischen Mahl

Sakramentar MetzWenn dann erneut diese Zusage der Gegenwart Christi an alle Mitfeiernden ergeht, richtet sich der Fokus auf die dichteste Communio zwischen Gott und dem Menschen, auf die Gabe seiner selbst unter den Zeichen von Brot und Wein. Die Einladung zum Gesang des Sanctus am Schluss der Präfation erinnert uns jedes Mal daran, dass wir schon jetzt Teil haben an der himmlischen Liturgie und sich also die Engel und Heiligen mit uns zum Gotteslob vereinen. Im eucharistischen Hochgebet sagt der Priester im Namen aller Dank an den Vater für die Gabe seines Sohnes und bittet um die Kraft des Geistes, damit die Gaben von Brot und Wein zu Leib und Blut unseres Herrn Jesus Christus werde und uns in der Gemeinschaft mit ihm und der Welt eine und stärke. Ausdruck dieser innigen Gemeinschaft, die Gott mit uns Menschen – trotz allem – sucht, ist die Kommunion, der Empfang von Leib und Blut Christi.

Der Herr sei mit euch: Gegenwart Christi über die Eucharistie hinaus

Zum vierten Mal während der Messe wird der Gemeinde die Gegenwart Christi unmittelbar vor Segen und Entlassung zugesprochen. „Da die Welt der Acker ist, in die Gott seine Kinder als guten Samen einsenkt, sind die christlichen Laien kraft der Taufe und der Firmung und gestärkt durch die Eucharistie dazu berufen, die von Christus gebrachte radikale Neuheit gerade in den gewöhnlichen Lebensbedingungen zu leben. Sie müssen den Wunsch hegen, dass die Eucharistie sich ihrem Alltagsleben immer tiefer einprägt und sie dazu führt, erkennbare Zeugen in ihrem Arbeitsbereich und in der ganzen Gesellschaft zu werden." (Sacramentum Caritatis, 79). Die in der Messe erfahrene Gemeinschaft, die Zusage des Friedens Christi, die Bitte um das tägliche Brot, unser Bekenntnis zum befreienden dreieinigen Gott muss sich über die Feier hinaus bewahrheiten. Dies ist die Bedeutung, die man mit der Bezeichnung „Messe" verbinden kann. Sie ist dem Entlassungsruf des Diakons „Ite, missa est" entlehnt, woraus auch der Begriff Mission herstammt. Missa ist Entlassung, aber auch Sendung, Mission: Die Messe ist nicht nur Gabe, sie ist auch Aufgabe. Sie sendet die Mitfeiernden aus, im Alltag des Lebens Zeuge der Liebe Gottes zu sein in der Nachfolge Christi durch die Kraft des Geistes.

Peter Spichtig op

 

Stichwort

Namen für die Feier:

  • Messe von lat. Missa von „ita missa est": Entlassung, Sendung am Ende der Messe
  • Eucharistiefeier vom griechischen Verb für danken/danksagen

Grundgestalt:

Einheit von Wortgottesdienst und Eucharistiefeier

Anlass und Häufigkeit:

  • an Sonn- und Feiertagen theologisch geboten
  • seit Frühmittelalter Entwicklung zur täglichen Messfeier

Bezeichnung Messe auch für die Vertonungen der Gesänge:

  • Kyrie
  • Gloria
  • (Credo)
  • Sanctus/Benedictus
  • Agnus dei

Handels-/Warenmesse:

abgeleitet vom „geschäftigen" Tun rund um Kirchweih

Praxis-Tipp

interaktive Messe: der direkte Weg in die Kirche mit vielen Videos schauen und mehr erfahren


www.die-messe.org

Wider-Worte

Zur Frage der Häufigkeit und der Messe und deren Motive

Die Kirche ... muss aus Lehre und Praxis ... das fernhalten, was den Anschein wecken könnte, als stünde das Sakrament frommer Beliebigkeit zur Verfügung, als dürfe in ihm von etwas anderem die Rede sein als allein von seinem eigentlichen, mitgegebenen Inhalt, nämlich Jesus Christus und seinem Werk, oder als bedürfe die Eucharistie, gleichsam als ein Vakuum, besonderer, auf unsere subjektive Bewusstseinslage zugeschnittene Motive, aufgrund derer ihre aktuelle Feier gerechtfertigt scheint. In der Praxis der Kirche heisst das, dass der einzelnen Feier der Eucharistie nicht ein Motiv aus mehr oder weniger frommen Mentalität der Gemeindeleitung zugrunde liegt, sondern der Feier im Lebensraum der Gemeinde ein Anlass voraus gegeben ist: der wöchentliche Gedächtnistag der Auferstehung, der Festtag überhaupt, besondere Widerfahrnisse im grossen ... und kleinen ..., die Gegenwart am Heiligen Ort, und immer wieder der Tod, der zeigt, zu welcher Befreiung von der Sünde Sold der Herr die Seinen beruft.

Angelus Albert Häussling (1976)

Geistlicher Impuls

Der Herr sei mit euch – und mit deinem Geiste

Dieser Zuspruch der Gegenwart Christi ergeht vom Bischof, vom Priester oder vom Diakon (Evangelium) vier Mal während der Messfeier an die Gemeinde. Diese antwortet jeweils mit dem Zuruf „und mit deinem Geiste". Wie es beim Gruss des Vorstehers nicht einfach um das persönliche Wohlwollen geht, sondern um die Ankündigung des Heils im Namen Christi, so antwortet die Gemeinde ja auch nicht einfach ihm persönlich, sondern dem „Diener Christi und Verwalter göttlicher Geheimnisse" (1 Kor 4,1). Denn die durch die sakramentale Ordination beauftragten Amtsträger ‚senden' in der Liturgie stellvertretend für die Gemeinde ‚Gebete empor' (Justin). Sie sprechen und handeln aber auch an Christi statt für die Gemeinde und sind so – quasi trotz ihrer selbst – bestellt, Werkzeuge der Gnade Gottes zu sein.

Peter Spichtig

Facts

"Um dieses große Werk voll zu verwirklichen, ist Christus seiner Kirche immerdar gegenwärtig, besonders in den liturgischen Handlungen. Gegenwärtig ist er im Opfer der Messe sowohl in der Person dessen, der den priesterlichen Dienst vollzieht – denn "derselbe bringt das Opfer jetzt dar durch den Dienst der Priester, der sich einst am Kreuz selbst dargebracht hat" –, wie vor allem unter den eucharistischen Gestalten. Gegenwärtig ist er mit seiner Kraft in den Sakramenten, so dass, wenn immer einer tauft, Christus selber tauft. Gegenwärtig ist er in seinem Wort, da er selbst spricht, wenn die heiligen Schriften in der Kirche gelesen werden. Gegenwärtig ist er schließlich, wenn die Kirche betet und singt, er, der versprochen hat: "Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen" (Mt 18,20)."

Liturgiekonstitution "Sacrosanctum concilium" Nr. 7

Ablauf

1. Eröffnung
  • Einzug
  • Begrüßung des Altares und der feiernden Gemeinde
  • Schuldbekenntnis
  • Kyrie
  • Gloria (entfällt an den Sonntagen des Advents und der Fastenzeit)
  • Tagesgebet
2. Wortgottesdienst
  • Lesung (meist AT)
  • Psalm
  • Lesung (meist Apostelbrief)
  • Halleluja (in der Fastenzeit: Christusakklamation)
  • Evangelium
  • Homilie (Predigt)
  • Credo (Glaubensbekenntnis)
  • Fürbitten
3. Eucharistiefeier
Gabenbereitung
  • Eucharistisches Hochgebet
  • Vater unser
  • Friedensgruss
  • Brotbrechung
  • Kommunion
4. Abschluss
  • Gruss
  • Segen
  • Entlassung

Links

Nachsynodales Schreiben "Sacramentum Caritatis"

Dokumentensammlung zur Messfeier