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Hintergrund

Kirche sein im Feiern und Verstehen

Hintergrund

Kirche sein im Feiern und Verstehen

Die Getauften als weisse Schafe thumbWeisser Sonntag

Die Farbe des Glaubens ist Weiss

Das Glaubensleben ist bunt, aber eine Farbe ist allen Christen gemeinsam, ob geweiht oder nicht: Weiss. Warum aber ist der Weisse Sonntag weiss?


Der Sonntag nach Ostern hat viele Namen: 2. Sonntag der Osterzeit (der erste ist der Ostersonntag), Weisser Sonntag, Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit, bei den Lutheranern „Quasimodogeniti". Für viele ist er der Erstkommunionsonntag. Für andere der Sonntag mit Thomas dem Zweifler. Die Namen haben unterschiedliche Ursprünge, aber eines haben sie gemeinsam: Es geht um den Glauben.

Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit

Dies ist die jüngste Bezeichnung für den 2. Sonntag der Osterzeit. Johannes Paul II. führte diesen Namen im Jahr 2000 neu ein. Gebete und Lesungen der Sonntagsmesse blieben unverändert: Das Tagesgebet begann auch vorher schon mit den Worten „barmherziger Gott". Die Barmherzigkeit Gottes gehört ohnehin immer, wenn Christen Gottesdienst feiern, dazu.

Ein weisses Gewand

Der älteste Name ist „Weisser Sonntag" (lateinisch: dominica in albis). Viele denken dabei an die weissen Kleider bei der Erstkommunion, aber das ist nicht der Ursprung. Weisse Kleider, Alben (albus=weiss), erhielten in den ersten christlichen Jahrhunderten die Neugetauften: Menschen, die zum Glauben an Christus gekommen waren und diesem Glauben im Taufbekenntnis, unserem heutigen Glaubensbekenntnis, Ausdruck verliehen. Aus Beschreibungen des 3. und 4. Jahrhunderts wissen wir, dass Kinder und Erwachsene die Taufe nackt empfingen. Die Nacktheit wurde damals verstanden als Zeichen, dass die Neugetauften wieder so wurden wie Adam und Eva im Paradies: ohne Sünde, freie Menschen, neugeboren durch Tod und Auferstehung Christi, neue Schöpfung in ihm. Die alten Kleider legten sie deshalb vor der Taufe ab wie ihre alte Existenz, oder mit Paulus gesprochen: den alten Menschen. Weil in der Antike Weiss die Farbe der Reinheit war, wurden sie also nach der Taufe mit einem weissen Leinengewand bekleidet – der Albe. Sie ist seitdem das christliche Grundgewand:

    • als Taufkleid bei der Kindertaufe – es sollte deshalb auch erst nach Taufe angezogen werden,
    • seit einigen Jahren häufiger als Erstkommunionkleid,
    • als Gewand der Ministranten,
    • als Mantelalbe hier und da für Laien, die einer liturgischen Feier vorstehen,
    • für Priester, Diakone und Bischöfe als Gewand unter der Kasel oder der Dalmatik.

Die Neugetauften und der Weisse Sonntag

Mit den weissen Gewändern bekleidet zogen die Neugetauften schliesslich vom Baptisterium in den Kirchenraum und nahmen zum ersten Mal an der Eucharistie teil. Die Feier ihrer Taufe war gleichzeitig die Feier ihrer Firmung, denn sie wurden nach der Taufe mit Chrisam gesalbt, und die Feier ihrer Erstkommunion. So ist es in den orthodoxen Kirchen noch heute. Wenn heute ein Kind in der katholischen Kirche getauft wird, schliesst die Feier am Altar: Zeichen dafür, dass die Taufe zur Eucharistie hinführt und beides zusammengehört. Wird die Erstkommunion am Weissen Sonntag (oder einem anderen Sonntag der Osterzeit) gefeiert und tragen die Kinder dann noch Alben, so kommt dieser ursprüngliche Zusammenhang von Taufe und Eucharistie auch heute zur Geltung.

In der Osterwoche wurden damals für die Neugetauften besondere Predigten gehalten, die ihnen halfen, tiefer in den Glauben hineinzuwachsen. Sie trugen weiterhin ihre Alben. Kurz vor oder am Sonntag nach Ostern legten die Neugetauften ihre weissen Kleider wieder ab. Er erhielt deshalb den Namen Weisser Sonntag. Der Bezug zur Taufe ist bis heute in der Liturgie des Weissen Sonntags geblieben:

    • Der Eröffnungsgesang im gregorianischen Choral oder der gesprochene Eröffnungsvers spielt auf die neue Existenz der Getauften an: „Wie neugeborene Kinder verlangt nach der unverfälschten Milch des Wortes, damit ihr durch sie heranwachst und das Heil erlangt." (1 Petrusbrief 2,2). Lateinisch beginnt der Gesang mit den Worten „quasi modo geniti (infantes)", was dem Sonntag bei Lutheranern zu dem Namen Quasimodogeniti verholfen hat. Dieser Vers aus dem Petrusbrief kann bis heute alle Getauften darauf hinweisen, dass die Taufe ein Anfang ist, der sich entfaltet durch das Hören und Leben des Wortes Gottes.
    • Das Tagesgebet stellt den Zusammenhang von Taufe und Glaube her. (Vgl. den Text und die Auslegung rechts beim Geistlichen Impuls).
    • Das Gabengebet beginnt: „Gott, du hast deinem Volk durch das Bekenntnis des Glaubens und den Empfang der Taufe neues Leben geschenkt ...". Das Gebet geht in die Zeit der Alten Kirche zurück, ursprünglich für die Osternacht bestimmt, in der getauft wurde. Das Bekenntnis meint, wörtlich übersetzt, das Bekennen des Namens Gottes: Die Täuflinge wurden nach dem Glauben an den Vater gefragt, bekannten ihn und wurden ein erstes Mal untergetaucht, beim Bekenntnis des Sohnes und des Heiligen Geistes dann ein zweites und drittes Mal. Wenn das Gebet schliesst „... und lass uns in dir Seligkeit und ewiges Leben finden", so geht es um die Vollendung dessen, was mit der Taufe begonnen hat.
    • Im Eucharistischen Hochgebet wird in den acht Tagen nach Ostern für die Neugetauften gebetet. Nachdem gedenkend die Gemeinschaft mit dem Papst, dem Bischofs etc. zum Ausdruck gebracht wurde, kommen die neuen Mitglieder der Kirche in den Blick – noch vor den Verstorbenen und den Heiligen: „Gedenke auch jener, die an diesem Osterfest aus dem Wasser und dem Heiligen Geist zum neuen Leben geboren wurden, denen du alle Sünden vergeben hast."

Der Apostel Thomas

Diese kurzen Anspielungen auf die Taufe treten in der Wahrnehmung vielleicht zurück hinter der starken Erzählung vom zweifelnden Apostel Thomas. Die Taufe kommt darin nicht vor. Immerhin empfangen dem Johannesevangelisten zufolge die Jünger am Ostertag, dem ersten Tag der Woche, den Heiligen Geist und die Vollmacht zur Sündenvergebung (Johannes 20, 19. 22-23) – zwei theologische Voraussetzungen für die Taufe von den Zeiten der Apostel an bis heute. Sein Zweifeln führt Thomas zwar nicht zur Taufe, aber zum Glauben an den Auferstandenen. Er bekennt seinen Glauben mit den Worten „Mein Herr und mein Gott!" – eine sehr kurze Formel für das, was später der zweite, von Christus handelnde Teil des Tauf- gleich Glaubensbekenntnisses ausführlicher entfalten wird.

Gunda Brüske

 

Stichwort

  • Sonntag nach Ostern (2. Sonntag der Osterzeit) = letzter Tag der Osteroktav (= die 8 Tage nach Ostern)
  • Name von den weissen Gewändern (Alben): die in der Osternacht Getauften trugen sie von ihrer Taufe an eine Woche lang bis zum Weissen Sonntag
  • Evangelium: Thomas der Zweifler begegnet dem Auferstandenen acht Tage nach Ostern (Johannes 20,19-31)
  • üblicher Termin für die Erstkommunion seit dem 18. Jahrhundert
  • seit dem Jahr 2000 heisst der Weisse Sonntag auch "Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit"

Geistlicher Impuls

Zum Tagesgebet

„Barmherziger Gott, durch die jährliche Osterfeier erneuerst du den Glauben deines Volkes. Lass uns immer tiefer erkennen, wie heilig das Bad der Taufe ist, das uns gereinigt hat, wie mächtig dein Geist, aus dem wir wiedergeboren sind, und wie kostbar das Blut, durch das wir erkauft sind. Darum bitten wir ...".

"Es ist der barmherzige Gott selbst, der in seinem heiligen Volk den Glauben entfacht. ... Wie es scheint, das das Gebet das Evangelium vom 'ungläubigen Thomas' vor Augen, das an diesem Tag verkündet wird. Da entzündet Christus dem Apostel eindrucksvoll den Glauben: 'Sei nicht ungläubig, sondern gläubig' (Johannes 20,27) und Thomas antwortet: 'Mein Herr und Mein Gott!' (20,28).

Im zweiten Teil zeigt sich das Gebet dann beeinflusst von der Epistel, die jetzt am Weissen Sonntag des Jahres B gelesen wird: 1 Johannesbrief 5,1-6. Hier findet sich das grossartige Wort über den Glauben: 'Der Sieg, der die Welt besiegt hat, ist unser Glaube' (Vers 4). ... Dann wird die Bezugnahme auf diese Perikope im Gebet unmissverständlich: 'Dieser ist es, der durch Wasser und Blut gekommen ist: Jesus Christus; er ist nicht bloss durch Wasser gekommen, sondern durch Wasser und Blut. Und der Geist ist es, der Zeugnis ablegt; denn der Geist ist Wahrheit' (Vers 6). ... In der Bitte gibt sie (die Oration) eine Erklärung der schwierigen Schriftstelle: Das Wasser bedeutet die Taufe, der Geist ist der Heilige Geist, der mit dem Wasser in der Taufe die Wiedergeburt wirkt, das Blut ist das Blut Christi, am Kreuz vergossen zu unserer Erlösung. Bei Johannes ist bei all dem an Christus gedacht, an seine Taufe im Jordan, bei der der Geist Zeugnis gab, und es ist das Blut, das am Kreuz Zeugnis für die Liebe Gottes gab, Im Christusmysterium wird aber der Christ durch den Glauben des dreifachen Zeugnisses teilhaftig: In der Taufe abgewaschen, und durch den Geist wiedergeboren und in der Eucharistie des Opfers teilhaftig und erlöst."

Josef Pascher (1893-1979)

Facts

"In allen Kirchen aber werde während der Osteroktav im Eucharistischen Hochgebet für die Neugetauften gebetet."

"Es ist auch angebracht, dass die Kinder ihre erste heilige Kommunion an den Sonntagen der Osterzeit empfangen."

Rundschreiben Paschalis sollemnitatis 1988 (Nr. 102 und 103)

Links

Liturgische Texte